Das weite Land

Inszenierung Janusz Kica
Bühnenbild & Kostüme Karin Fritz Dramaturgie Barbara Nowotny

Bernhard Schir Friedrich Hofreiter, Fabrikant Maria Köstlinger Genia, seine Frau Sandra Cervik Anna Meinhold-Aigner, Schauspielerin Tobias Reinthaller Otto, ihr Sohn, Marine-Fähnrich Herbert Föttinger Doktor von Aigner, der geschiedene Gatte der Frau Meinhold Ulli Maier Frau Wahl Johanna Mahaffy Erna, ihre Tochter Günter Franzmeier Natter, Bankier Martina Stilp Adele, seine Frau Marcus Bluhm Doktor Franz Maurer, Arzt Elias Baumann Gustav Matthias Franz Stein Demeter Stanzides Alex Kapl Paul Kreindl Johannes Seilern Albertus Rohn, Schriftsteller Kimberly Rydell Marie, seine Frau Marcello de Nardo Doktor Meyer Martin Zauner Rosenstock, Portier im Haus am Völser Weiher

 

 

 

Arthur Schnitzler, einer der bedeutendsten Dramatiker und Romanautoren des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, hat mit seinem Stück „Das weite Land“ ein faszinierendes Werk geschaffen, das sowohl inhaltlich als auch strukturell eine Herausforderung für das Publikum darstellt. Ursprünglich 1911 uraufgeführt, spiegelt dieses Stück nicht nur die gesellschaftlichen Umbrüche der damaligen Zeit wider, sondern bietet auch zeitlose Themen, die noch heute Resonanz finden. 

Historisch betrachtet entstand „Das weite Land“ in einer Zeit, in der Wien sich im Umbruch befand. Die Monarchie stand vor dem Zerfall, und gesellschaftliche Normen begannen sich aufzulösen. Schnitzler, der selbst Teil dieser kulturellen Blütezeit war, erlebte den Übergang von einer traditionellen Gesellschaft zu einer modernen Lebensweise, die durch Individualismus, Sexualität und Selbstverwirklichung geprägt war. Dies wird im Stück deutlich, wo die Charaktere oft in einem Spannungsfeld zwischen persönlichem Verlangen und gesellschaftlichen Erwartungen agieren.

Das Stück selbst dreht sich um die komplexen Beziehungen zwischen den Protagonisten, insbesondere um die Ehe zwischen dem wohlhabendenGlühlampen-Fabikanten Friedrich Hofreiter und seiner Frau Genia. Die Dynamik zwischen diesen beiden Hauptfiguren bildet das Herzstück des Stücks. Hofreiter, der im Materiellen gefangen ist, kämpft darum, seine Frau zu verstehen und gleichzeitig die Konventionen der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Genia hingegen verkörpert das Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung und widersetzt sich den Grenzen, die ihr die Ehe und die Gesellschaft auferlegen.

Ein zentrales Element von „Das weite Land“ ist Schnitzlers geschickter Umgang mit Dialogen. Er nutzt diese, um die innere Zerrissenheit der Charaktere sichtbar zu machen. Die Gespräche sind oft schnell, schlagfertig und enthalten subtile Untertöne, die dem Publikum die psychologischen Konflikte der Figuren näherbringen. In vielen Szenen wird die Kluft zwischen Schein und Sein, zwischen den Erwartungen der Gesellschaft und den persönlichen Wünschen deutlich. Diese Darstellung von Ratsamkeit und Widerstand ist ein weiteres bemerkenswertes Merkmal von Schnitzlers Dramatik, das immer wieder das Publikum zum Nachdenken anregt.

Die Struktur von „Das weite Land“ ist zudem bemerkenswert. Schnitzler bricht mit den herkömmlichen dramaturgischen Regeln, indem er die klare Trennung zwischen den Akten auflöst und somit eine assoziative Erzählweise schafft. Dies ermöglicht eine tiefere Auseinandersetzung mit den Charakteren und deren inneren Konflikten. 

Das Stück thematisiert auch die Rolle der Geschlechter in der Gesellschaft. Hofreiters und Genias Beziehung ist ein Spiegelbild der traditionellen Geschlechterrollen jener Zeit, wobei Hofreiter die dominierende Rolle des Versorgers und Genia die passive Rolle der Ehefrau besetzt. Diese Rollenbilder werden jedoch im Verlauf des Stücks hinterfragt und aufgebrochen. Schnitzler gelingt es, die Frauenfiguren stark und unabhängig zu skizzieren, gleichzeitig aber auch die Fragilität und Unsicherheit der Männer offen zu legen. Die Geschlechterdynamik wird so zu einem spannenden Spiel, das die Zuschauer fasziniert und herausfordert.

Das weite Land“ ist nicht nur ein zeitgenössisches Werk, sondern gilt auch als prophetischer Kommentar zu den sich schnell verändernden gesellschaftlichen Normen des 20. Jahrhunderts. Es thematisiert den Konflikt zwischen Tradition und Moderne, zwischen individuellem Verlangen und gesellschaftlicher Verpflichtung – Themen, die auch heute aktuelle Diskussionen prägen.

Schnitzler versteht es meisterhaft, die Komplexität des menschlichen Verhaltens auf die Bühne zu bringen und dabei zeitlose Fragen nach Liebe, Freiheit und Identität zu stellen. In einer Welt, die sich ständig wandelt, bleibt dieses Stück relevant und sollte in jeder Theateraufführung einen Platz finden. Es lädt uns ein, über unsere eigenen Beziehungen und sozialen Normen nachzudenken, während es gleichzeitig die Brillanz und den Mut eines der größten Dramatiker seiner Zeit feiert.

 

 

 

 

 

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert