Der Herr Karl

Inszenierung Herbert Föttinger
Bühnenbild & Kostüm 
Prof. Rolf Langenfass Musik Joachim Steffenhagen

Aufführung zum 100jährigen Jubiläum der Kammerspiele

Martin Zauner Der Herr Karl

Der Herr Karl“, angesiedeltem zwischen Einakter und österreichischem Nachkriegskabarett, skizziert den Archetypus des Wieners mit proletarischem Charme als einstmals treuherzig blickendendem Antihelden der sich im Lauf der Erzählung zum opportunistischem Mitläufer aus kleinbürgerlichem Milieu wandelt. Die Figur des eben typischen Wieners ist im cholerischem Temperament ebenso manifestiert wie das Katholische als auch das Freiheitsliebende. Auch dem Raunzen, der vox populi des Wieners, zollen Helmut Qualtinger und Carl Merz Rechnung in ihrem 1961, ursprünglich für das Fernsehen verfassten Stück Tribut. Der österreichische Publizist Hans Weigel beschrieb den „Herrn Karl“ als „menschlichen Zustand österreichischer Färbung“.

Der sprachliche Duktus des Herrn Karls variiert zwischen einer typisch wienerischen Dialektik und der nicht beherrschten österreichischen Hochsprache. Sie ermöglicht dem Protagonisten in Sekundenschnelle Position im Monolog zu beziehen, diese auch akkurat zu konnotieren oder aber auch sofortig opportun anderer Meinung zu sein. Die Wandlung vom politischen Ansinnen einer sozialistisch vom Milieu geprägten Persönlichkeit zur Gesinnung des Nationalfaschisten ist etwa ein Beispiel für den Rollencharakter des Herrn Karl und dessen Entwicklung im Stück. Qualtinger und Merz formten den Herr Karl nicht nur aus reiner Fiktion, es sind durchaus Parallelen zum Wien der Mitte 1920iger bis hin zu den 1960iger Jahren zu erkennen. Etwa die Einführung des Schillings 1925 oder etwa der Brand des Justizpalastes im Jahre 1927. Auch die Besatzungszeit sowie der am 15. Mai 1955 geschlossen Staatsvertrag sind Themen.


„Und daun sand de Russn kemma. […] Hob des Russn extra mein Wohnung gführt: Komm tawarisch, i suda,
hobs Hitler Büd pockt, auf  d´ Erd ghaut, drauf herum getrampelt, hobens gsagt „karascho“ und san gangan, ned?

Auch sind historische Persönlichkeiten wie Ignaz Seipl oder Leopold Figl ebenso im Text präsent wie etwa das Frauenbild der damaligen Zeit, der pragmatische Katholizismus oder Herrn Karls Verführungskünste und unzählige Handlungsorte wie der Prater und die Donauauen.