Der Weibsteufel

Inszenierung Bernhard Schir
Bühne Peter Loidolt Kostüme Erika Navas 

Marcello de Nardo Der Mann Katharina Straßer Sein Weib Bernhard Schir Ein Grenzgänger 

 

 

Karl Schönherr, einer der bedeutendsten österreichischen Dramatiker des frühen 20. Jahrhunderts, hat in seinem Stück „Der Weibsteufel“ (1910) ein faszinierendes und vielschichtiges Porträt menschlicher Beziehungen geschaffen.

Der Weibsteufel“ spielt in einem ländlichen Umfeld und fokussiert sich auf die komplexe Beziehung zwischen dem Ehepaar Grete und Bertl. Die Handlung entfaltet sich in mehreren Akten und konfrontiert die Zuschauer mit Fragen der Macht, der Sexualität und der Identität. Grete wird als faszinierende, aber auch manipulative Figur dargestellt, die über ihre Reize und eine Art von Macht verfügt, die sie gegen ihren Ehemann einsetzt. Die Konflikte, die aus diesen Spannungen entstehen, führen zu tragischen Konsequenzen und offenbaren die dunklen Seiten menschlicher Natur.

Grete ist zweifellos die zentrale Figur im Stück. Ihre komplexe Persönlichkeit macht sie zu einem „Weibsteufel“, einer Femme fatale, die sowohl Anziehung als auch Gefahr verkörpert. Sie ist nicht nur eine Frau, sondern auch ein Symbol für die gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen zu dieser Zeit. Grete versucht, ihre eigene Identität innerhalb der Restriktionen ihrer Rolle als Ehefrau zu definieren. Dies führt zu einem ständigen Ringen um Kontrolle und Freiheit – ein Motiv, das in Schönherrs Werk oft anzutreffen ist.

Bertl hingegen repräsentiert den typischen, patriarchalen Mann des frühen 20. Jahrhunderts. Anfänglich scheint er in seiner Rolle gefestigt, doch bald wird klar, dass er durch Gretes Manipulation in eine Spirale aus Eifersucht und Unsicherheit gezogen wird. Diese Dynamik entwickelt sich im Verlauf des Stücks und zeigt, wie fragil die Machtverhältnisse in einer Beziehung tatsächlich sein können.

Ein zentrales Thema von „Der Weibsteufel“ ist die Frage der Macht und Kontrolle in Beziehungen. Die Interaktionen zwischen Grete und Bertl beleuchten die Schattierungen der menschlichen Psyche und die Komplexität von Liebe und Hass. Schönherr schafft es, diese Themen subtil zu verknüpfen und dem Publikum einen Einblick in die Abgründe der menschlichen Emotionen zu gewähren.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Sexualität. Gretes Sexualität wird zum Instrument ihrer Macht, während Bertls Männlichkeit durch seine Unsicherheiten untergraben wird. Diese Auseinandersetzung mit Sexualität spiegelt sich nicht nur in ihren persönlichen Konflikten wider, sondern auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Geschlecht und dessen Bedeutung in der damaligen Zeit. Hierin liegt eine der größten Stärken Schönherrs: Er gelingt es, auf nuancierte Weise gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und den Zuschauer zum Nachdenken anzuregen.

Die Sprache in „Der Weibsteufel“ ist geprägt von starkem Ausdruck und emotionaler Intensität. Schönherr verwendet eine klare, eindringliche Sprache, die sowohl die inneren Konflikte der Charaktere als auch ihre äußeren Auseinandersetzungen widerspiegelt. Die Dialoge sind oft voller Subtext; was nicht gesagt wird, ist ebenso bedeutend wie das, was laut ausgesprochen wird. Dies erzeugt eine dichte Atmosphäre, die das Publikum in die Spannungen und Dramatiken der Beziehung zwischen Grete und Bertl hineinzieht.

Die Struktur des Stücks, unterteilt in mehrere Akte, erlaubt es Schönherr, die Charaktere schrittweise zu entwickeln und die Komplexität ihrer Konflikte zu entfalten. Jeder Akt trägt zur Steigerung der Spannung bei und führt unweigerlich zum tragischen Höhepunkt, der sowohl unvermeidlich als auch schockierend ist.

Der Weibsteufel“ von Karl Schönherr ist ein Meisterwerk des psychologischen Theaters, das durch seine tiefgründige Charakterzeichnung und die Auseinandersetzung mit Macht, Sexualität und Identität besticht. Das Stück fordert das Publikum auf, die komplexen Beziehungen zwischen Frauen und Männern zu reflektieren und hinterfragt die gesellschaftlichen Strukturen, die diese Beziehungen prägen. In einer Zeit, in der Geschlechterrollen neu definiert werden, bleibt Schönherrs Werk von zeitloser Relevanz und bietet Theaterliebhabern sowohl eine emotional packende als auch intellektuell anregende Erfahrung.

 

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